Der heutige Sülztalplatz entstand 1929 als Verkehrsfläche bei der Erstellung der Landstraße nach Lohmar. Die Baumaßnahme war nach der Weltwirtschaftskrise als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme durchgeführt worden. Die Luftbildaufnahme zeigt die Situation Anfang der 1930er Jahre: Der Ortskern wird durch eine lockere Bebauung um die Kirche St. Nikolaus sowie einige Häuser im Bereich Bitze und Kissel gebildet. Gut zu erkennen ist die historische Gaststätte „Zur schönen Aussicht“ an der Schmalseite der dreieckigen Grünanlage, eine mit einer niedrigen Hecke gesäumte Wiese zwischen den Zufahrtsarmen der neuen Straße. Auf dem Sülztalplatz ist gerade einmal ein Kraftfahrzeug zu erkennen.
Von Anfang an ist der Platzbereich regelmäßig für Aufzüge und Veranstaltungen genutzt worden. Für das Dorfleben (hier bei einem Maifest in den 1930er Jahren) war die Verbindung zum alten Ortsteil Scharrenbroich noch eine lange Zeit wichtiger als die neue Straße Richtung Köln. An der Einmündung der Scharrenbroicher Straße entstand auch diese Aufnahme. Im Hintergrund befindet sich die Gaststtätte „Zur Schönen Aussicht“, einer der zentralen Treffpunkte von Rösrath.
Am 1. Mai 1933 erhielt der Sülztalplatz bei einem Festakt unter nationalsozialistischen Vorzeichen den Namen „Adolf-Hitler-Platz“. Vermutlich wurde an diesem Tag auch die Blutbuche auf der von den Fahrbahnen umschlossenen Grünfläche gepflanzt (rechts auf der dreieckigen Mittelinsel). Die Aufnahme zeigt den Blick von der Gaststätte „Zur schönen Aussicht“ auf die neue Landstraße in Richtung Menzlingen Mitte der 1930er Jahre. Das Verkehrsaufkommen ist weiterhin sehr überschaubar.
Auch Mitte der 1950er Jahren hat sich das Gesamtbild nicht wesentlich geändert. An der Schmalseite der zentralen Grünfläche ist ein Gehweg angelegt worden, dort lädt eine Bank zum Sitzen ein. Und ein erster Radfahrer erscheint auf der Bildfläche.
Eine Karnevalsszene auf Kopfsteinpflaster im März 1957 – der Sülztalplatz wirkt hier wie eine Fußgängerzone, nicht wie die Kreuzung zweier regionaler Verkehrsachsen. Im Hintergrund ist die neue Tankstelle am nördlichen Zufahrtast zur Sülztalstraße zu erkennen. Dort mündet auch die Straße Im Weidenauel in die Hauptstraße ein.
Ein Bild vermutlich aus den frühen 1960er Jahren. Die Blutbuche ist weiter gewachsen und wird nun von Bänken umstellt. Autos, Fußgänger, Radfahrer und Bäume teilen sich entspannt den Straßenraum. Die Hauptstraße ist (noch) als Vorfahrtstraße ausgeschildert.
Vermutlich zu Beginn der 1970er Jahre erfolgte ein grundlegender Umbau im Zeichen der anlaufenden Motorisierungswelle: Erstmals Asphaltierung und Markierung der Fahrbahnen auf der Landesstraße; den Fußgängerverkehr versucht man mit Zebrastreifen und Fahrbahnteilern zu sichern. Gleichzeitig ist auch die Anlage von Autostellplätzen auf der vormaligen Grünfläche erkennbar. Im Hintergrund nicht sichtbar liegt die Anbindung der Straße Im Weidenauel an die Hauptstraße. Durch den Kreuzungsumbau wird der Schwerpunkt auf die Achse Hauptstraße - Sülztalstraße verlagert: Ein erster Hinweis auf den zunehmenden Kfz-Verkehr aus Richtung Süden, lange vor dem Bau der Anschlussstelle Rösrath.
Anmerkung am Rande: Der Aufdruck „Luftkurort Rösrath“ (den es im Übrigen nie gab) wirkt aus heutiger Sicht unfreiwillig komisch. Er illustriert aber recht plakativ den Wandel von “ländlicher Idylle“ zur beginnenden Massenmotorisierung.
Im Luftbild aus den 1970er Jahren sind die im vorigen Bild beschriebenen Veränderungen noch deutlicher ablesbar: Eine einzige städtebauliche Tristesse in der Ortsmitte. Die Grünfläche ist zugunsten des motorisierten Verkehrs komplett versiegelt worden, einzig die Blutbuche blieb stehen. Erstmalig gibt es mehrere Aufstellspuren in den Zufahrtsästen, Ampeln regeln die verschiedenen Verkehrsströme. Der erste Verkehrsstau (aus Richtung Köln) ist nunmehr auch fotografisch dokumentiert. Dafür sind - Zufall oder auch nicht - keine Radfahrer mehr im Straßenbild zu erkennen.
Blick in Richtung Sülztalplatz in den 1980er Jahren: Der Ortskern wird vom Blech überflutet. In Politik und Verwaltung beginnt die Auseinandersetzung mit möglichen verkehrlichen und städtebaulichen Konsequenzen für das Rösrather Ortszentrum und den Sülztalplatz. Planungen für eine Ortsumgehung und die Umgestaltung der Hauptstraße zu einer Fußgängerzone werden angestoßen.
Eine Aufnahme von 1991: Keine Aufenthaltsqualität für Fußgänger, kein Platz für Radfahrer und die Abwicklung des motorisierten Verkehrs am Limit.
Den Stamm der Buche umgibt jetzt ein erhöhter Gitterrost, um ihn gegen Beschädigungen durch rangierende Autos zu schützen. Eine auf dem Rost aufgestellte Sitzbank ist hier letzter Rückzugsort für Fußgänger inmitten des brausenden Autoverkehrs.
Mitte der 1990er Jahre erfolgte nach vorangegangenem städtebaulichen Wettbewerb ein kompletter Umbau des Sülztalplatzes. Hierzu mussten zunächst die Verkehrsflächen im Bereich der Landesstraßen neu geordnet werden. Die Straße Im Weidenauel wurde weiter südlich angebunden, der freie Rechtsabbieger Richtung Hoffnungsthal aufgegeben, um eine für Fußgänger nutzbare größere Aufenthaltsfläche im Ort zu schaffen. Ein damals ebenfalls diskutierter Kreisverkehr wurde nicht realisiert - vor allem weil sonst eine vom Autoverkehr vollständig eingeschlossene leere Platzfläche in der Mitte des Ortes entstanden wäre.
Das Ergebnis war die Schaffung eines zentralen städtischen Ortes mit gestalterischem Anspruch. Dazu diente die Aufhebung der Stellplätze, der Bau einer Einfassungsmauer, die Anlage von Brunnen und Pflanzungen und die Herrichtung für Märkte und Feste. Hinzu kam eine neue Randbebauung als städtebauliche Fassung. Die alte Gaststätte „Zur Schönen Aussicht“ (die inzwischen nicht ohne Grund umbenannt worden war) wurde mitsamt Biergarten und Kastanienbäumen abgeräumt. Der Wandel einer dörflichen Straßenkreuzung in eine völlig vom Autoverkehr dominierte Funktionsfläche und zurück zu einem (immer noch deutlich vom Straßenverkehr geprägten) städtischen Platz war 1995 vorläufig abgeschlossen.
Im Zuge einer grundlegenden Straßensanierung ergab sich 2016 die Möglichkeit, auf Hauptstraße und Sülztalplatz erstmalig Flächen für den Radverkehr anzulegen. Gleichzeitig wurden die Fußgängerquerungen verbessert und ein separater Rechtsabbieger Richtung Hoffnungsthal installiert, was für alle Verkehrsteilnehmer deutliche Verbesserungen bewirkte.
Doch da kein Zustand ewig unverändert bleibt, stand ab 2022 ein neuer, grundlegender Umbau des Sülztalplatzes an…
Im Rahmen des Integrierten Handlungskonzeptes (InHK) für den Innenstadtbereich von Rösrath und die nordwestlich angrenzenden Quartiere wurde als eine von insgesamt 18 Maßnahmen die Neugestaltung des zentral gelegenen Sülztalplatzes umgesetzt. Die etwa 2.100m² große umzugestaltende Fläche stellt einen wichtigen innerstädtischen Raum und aufgrund seiner zentralen Lage die gefühlte Stadtmitte dar.
Text: Michael Robie mit Robert Wagner, GV Rösrath